Pressemitteilung:
Sozialausgaben im Corona-Jahr 2020 um 11% auf 130 Mrd. Euro gestiegen
Wien, 2021
"Im Corona-Jahr 2020 flossen erstmals Ausgaben in der Höhe von mehr als einem Drittel der österreichischen Wirtschaftsleistung in Soziales: Mit 34,4% lag die Sozialquote, also der Anteil der Sozialausgaben am BIP, um 5,1 Prozentpunkte über dem 2019er-Wert und erreichte damit einen historischen Höchstwert. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 lag die Sozialquote bei 29,6%", so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
Die Sozialquote erreichte im Durchschnitt des letzten
Jahrzehnts (2010–2020) einen Wert von 29,9% und liegt damit deutlich
über dem Wert der beiden vorangegangenen Jahrzehnte (2000–2010: 28,2%;
1990–2000: 27,9%). Die durchschnittliche jährliche Zunahme der Sozialausgaben
über den gesamten Zeitraum (1990–2020:
Krisenbedingt starker Anstieg von Sozialleistungen für Beschäftigte, Arbeitslose und Familien
Der Ausgabenanstieg 2020 ist hauptsächlich auf Maßnahmen
zurückzuführen, die zur Bewältigung der sozialen
Folgen der COVID
- Kurzarbeitsbeihilfe: 5,5 Mrd. Euro,
- Unterstützungsleistungen für Selbständige sowie Künstlerinnen und Künstler: 1,1 Mrd. Euro,
- Einmalzahlung an Familien (Familienbeihilfe Kinderbonus): 656 Mio. Euro,
- Gesundheitsleistungen des Bundes (Schutzausrüstung, Desinfektionsmittel etc.): 450 Mio. Euro,
- Einmalzahlungen an Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe: 365 Mio. Euro.
Da der Großteil des coronabedingten Mehraufwands
der Krisenbewältigung am Arbeitsmarkt diente, haben sich die Ausgaben
für die Sozialleistungen in der Funktion Arbeitslosigkeit von 6 Mrd. Euro
(2019) auf 13 Mrd. Euro (2020) mehr als verdoppelt (siehe Tabelle 2). Im
Vordergrund stand das Instrumentarium der Kurzarbeitsbeihilfe,
das massiv zum Einsatz kam (ablesbar am starken Ausgabenanstieg von
2 Mio. Euro auf 5,5 Mrd. Euro), um (weitere) Arbeitslosigkeit zu verhindern.
Aufgrund der insgesamt stark gestiegenen Arbeitslosigkeit und der verbesserten
sozialen Absicherung (Einmalzahlungen, befristete Anhebung der Notstandshilfe)
nahmen auch die Ausgaben für das Arbeitslosengeld
Die nach den Kurzarbeitsbeihilfen zweithöchsten coronabedingten
Sozialleistungsausgaben waren Unterstützungsleistungen
für Selbständige (Kleinstunternehmen, freie Dienstnehmerinnen
und Dienstnehmer etc.) sowie Künstlerinnen und Künstler, die als Soforthilfen
(nicht rückzahlbare Zuschüsse) zur (zumindest teilweisen) Kompensation
von Einkommenseinbußen aufgrund der COVID
Aber weiterhin Dominanz der Alters- und Gesundheitsleistungen
Trotz der in der Krise stark erhöhten Ausgaben für
Beschäftigte, Arbeitslose und Familien dominieren im österreichischen
Sozialstaat weiterhin die Leistungen an Personen
im Pensionsalter: Für Alterspensionen, Ruhegenussleistungen,
Betriebspensionen sowie Betreuungs- und Pflegeleistungen wurden 54 Mrd. Euro
Detaillierte Ergebnisse bzw. weitere Informationen zu den Sozialausgaben finden Sie auf unserer Webseite.
Informationen
zur Methodik, Definitionen:
Die Ausgaben und Einnahmen
des Sozialschutzes werden in der EU nach der Methodik des ESSOSS
(Europäisches System
der Integrierten SOzialSchutzsstatistik)
berechnet. Zu den Sozialschutzausgaben (ident mit dem oben verwendeten
Begriff der Sozialausgaben) zählen Sozialleistungen, Verwaltungskosten
und sonstige Ausgaben (z.B. Zinsen) im Rahmen von Sozialschutzsystemen
(in Österreich z. B. die gesetzliche Pensionsversicherung oder der Familienlastenausgleichsfonds).
Sozial(schutz-)ausgaben sind Ausgaben mit Umverteilungscharakter,
d. h. keine privaten Ausgaben, keine Anspar- und Lebensversicherungssysteme,
keine privaten Zuzahlungen und keine betrieblichen Sozialleistungen
ohne Umverteilungscharakter. Ebenfalls nicht zu den Sozialschutzausgaben
zählen Bildungsausgaben, Wohnbauförderung und steuerliche Umverteilungen,
die nicht primär sozialen Zwecken dienen.
Sozialleistungen werden als "Bruttoleistungen"
berechnet: ihr Wert entspricht dem Auszahlungsbetrag des jeweiligen
Sozialschutzsystems, vor Abzug von Einkommenssteuern und anderen von
den Empfängern zu leistenden Abgaben. Sozialleistungen sind von den
Sozialschutzsystemen an private Haushalte und Einzelpersonen erbrachte
Leistungen, die zur Abdeckung der durch eine Reihe von Risiken
oder Bedürfnissen entstandenen Lasten dienen. Im ESSOSS sind
es vereinbarungsgemäß acht Risiken bzw. Bedürfnisse (sog. Funktionen),
die den Sozialschutz begründen (Wohnen und Bekämpfung sozialer Ausgrenzung
sind in der Darstellung zu einer Funktion zusammengefasst). Direkte
Zahlungen der Leistungsbezieherinnen und -bezieher zur Deckung
der Kosten von Sozialleistungen sind keine Einnahmen der Sozialschutzsysteme,
sondern der institutionellen Einheiten, die diese Leistungen bereitstellen,
und werden vom Wert der Sozialleistung abgezogen (z. B. die Rezeptgebühren
oder die im Fall der Pflegeheimunterbringung geleisteten Eigenbeiträge).
Statistik Austria berechnet die ESSOSS-Daten für Österreich im Auftrag
des Sozialministeriums. Die Zeitreihe
umfasst 1980, 1985 und die Jahre ab 1990 bis zum aktuellen Berichtsjahr.
Die Ergebnisse für 2020 sind derzeit
noch vorläufig (die endgültigen Ausgaben
werden zusammen mit den Einnahmen im Herbst vorliegen). Die ESSOSS-Rechnung
verwendet Gebarungsdaten der Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger,
Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, Gewinn- und Verlustrechnungen
von Fonds und Kassen, diverse Sekundärstatistiken und sonstige Informationen.
Im Hinblick auf die Vorläufigkeit lässt sich sagen, dass die Daten
zu den Sozialausgaben bzw. Sozialleistungen des Bundes und der Sozialversicherungen
für gewöhnlich nahe bei den endgültigen Werten liegen, während es
bei den anderen noch zu größeren Abweichungen kommen kann, weil sie
auf Fortschreibungen mit Veränderungsraten aus der vorläufigen COFOG-Staatsausgabenrechnung
(Länder und Gemeinden) oder auf Schätzungen (betrieblichen Pensionsvorsorge)
beruhen.
Rückfragen zum Thema beantwortet das Sozialschutz-Team in der Direktion Bevölkerung, Statistik Austria: sozialschutz@statistik.gv.at
Medieninhaber, Hersteller und Herausgeber:
Bundesanstalt Statistik Österreich
1110 Wien, Guglgasse 13, Tel.:
presse@statistik.gv.at
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